Bereits seit 10 Jahren scrhreibe ich die Morgenseiten – und so begann die Reise des täglichen Schreibens

    Ich saß am Hamburger Flughafen und wartete auf den Flug nach Alicante.

    Ein Monat in Valencia lag vor mir. Eine Stadt, in der ich noch nie war. Eine Wohnung mit Atelierterrasse sollte mein Zuhause sein. In meinem Koffer waren Acrylfarben, Keilrahmen, Spachtel, Pinsel und nur wenig Kleidung. Außerdem ein großer Appetit auf eine kreative Auszeit.

    Und ich beschloss, diesen Schritt ins Unbekannte mit etwas Neuem zu begleiten. Aus meiner Tasche zog ich ein mit Schmetterlingen bedrucktes Notizbuch und schrieb die Morgenseiten: 3 Seiten fließend, so wie es mir in den Sinn kam. Ich wusste zu dem Zeitpunkt noch nicht, dass ich das Ritual der Morgenseiten ab jetzt viele Jahre machen würde.

    Das war am 1. März 2012.

    Und noch immer schreibe ich die Morgenseiten. Jeden Morgen. Mit wenigen Ausnahmen mache ich diese Morgenroutine. Mittlerweile sind 10 Jahre vergangen und es sind wohl mehr als 10.000 Seiten, die ich in dieser Zeit gefüllt habe.

    Die Morgenseiten sind ein Grundprinzip von Julia Cameron aus ihrem Buch „Der Weg des Künstlers“*

    Julia Cameron gibt in diesem Video ein kurzes Intro zu den „Morningpages“ .


    Das Ritual der Morgenseiten etablieren

    Seit dem Moment am Hamburger Flughafen gehören die Morgenseiten zu meiner Morgenroutine. Nach dem Müsli und bevor ich einen Blick auf meine To-Do-Liste, in E-Mails oder ins Internet werfe.

    So starte ich in den Tag.

    Nur schreiben, nicht lesen.

    Schreibmeditation fürs Gemüt

    Für mich ist das Schreiben der Morgenseiten wie eine morgendliche Dusche für mein Gemüt und Mind. Einmal raus aus dem Kopf, was da gerade herumgeistert. Ich fühle mich danach klarer und bin bereit für den Tag.

    Manchmal bin ich auch genervt oder frustriert. Durch das Schreiben geht es damit dann aber leichter. Ein Stück davon ist raus. Und es schwirren natürlich auch viele banale Gedanken und Selbstgespräche im Kopf herum. Also raus damit aus dem Kopf und ab aufs Papier.

    Als Selbstständige geistern mir ständig Fragen und Themen im Kopf und sind in Wandlung. So half mir mein Morgenritual auch, als ich mein Sommermalzeit Kartenset entwickelte, wenn ich eine Ausstellung plane oder an neuen Produkten arbeite.

    Manchmal tauchen beim Schreiben Ideen auf zu Dingen, für die ich eine Lösung suche. Die notiere ich auf einem separaten Zettel, damit sie nicht verloren gehen.

    Und natürlich bin ich dann auch manchmal abgelenkt. Aber wie bei einer Meditation ist das nicht „schlimm“, sondern ich nehme es bewusst wahr und komme wieder zurück in die Spur.

    Du weißt nicht was Du schreiben sollst?

    Keine Angst vor dem weißen Blatt.

    Es geht bei den Morgenseiten nicht darum, einen schönen Text zu schreiben, zu konstruieren und zu optimieren. Du schreibst, was Dir im Kopf herumgeistert und aus der Hand fließt. Es kann auch sein, dass Du schreibst: „ich weiß nicht, was ich schreiben soll, das ist blöd. Mich nervt das.“ Das ist auch in Ordnung. Hauptsache, Du schreibst, am besten ohne Unterbrechung. Und natürlich mit der Hand auf Papier.

    Laut Julia Cameron kann man es nicht falsch machen oder besonders gelungene Morgenseiten schreiben. Und ich finde, das nimmt viel Druck raus.

    Manche mögen sich eine konkrete Frage stellen, um darüber schreibend Klarheit zu bekommen. Das geht dann in Richtung Journaling oder dem Schreibdenken, wie es Ulrike Scheuermann zeigt.

    Aber es geht bei den Morgenseiten eigentlich nicht darum, konstruktiv etwas Sinnvolles zu erschaffen. Der Sinn ergibt sich eher aus dem, was es uns bei uns bewirkt.

    Die eigene Form finden

    Meine Morgenseiten starte ich immer mit einem bewussten Wahrnehmen des Morgens, den ich erleben darf. Und ich habe immer den gleichen abschließenden Satz, der mir wie eine Affirmation dient.

    Und ich schreibe in ein A5 College-Heft. Vielleicht ist das falsch? Ich habe schon hier und da gelesen, man sollte ein A4 Heft nehmen. Für mich ist A5 handlicher, leichter und es fühlt sich nicht wie Hausaufgaben machen an. Da ich viel unterwegs bin, ist auch mein Schreibheft viel unterwegs und muss in jede Tasche passen. Ein billiges College-Heft macht es auch leichter, einfach drauflos zu schreiben. Mit einem teuren, schicken Notizbuch tut man sich da oft schwerer, denn es soll ja schliesslich auch gut werden, was da drin steht. Das ist bei mir übrigens bei der Wahl eines Skizzenbuches ähnlich.

    Ich denke es ist gut, da sein eigenes Format zu finden, so dass es passt und sich gut anfühlt.

    Das aktuelle Heft liegt meist auf meinem Küchentisch und wenn ich wegfahre, nehme ich es natürlich mit. Wenn mein Heft voll ist und ein bisschen gelegen hat, kommt es ins Altpapier. Nur mein erstes Heft habe ich auch nostalgischen Gründen noch aufgehoben. Ich bin ansonsten eine emsige Sammlerin. Die Morgenseitenhefte sind vor allem da, wenn sie in Gebrauch sind.

    Das als kleines Beispiel für Morgenseiten.

    Beispiel Morgenseiten: Mein 1. und mein aktuelles Heft

    Und wenn es jemand anderes liest?

    Wenn wir schreiben, was uns gerade im Kopf rumgeht, kann es etwas heikel sein, falls es andere lesen. Wie bei einem Tagebuch.

    Dieses Probleme habe ich nicht, weil ich eine Sauklaue habe. Ich kann es meist selber kaum lesen, was ich schreibe. In diesem fall ist es ein Vorteil. Aber darum geht es auch gar nicht. Und ich lese meine Morgenseiten selber auch nicht.

    Und ich schreibe in ein banales, liniertes Collegeheft. Das sieht so unspektakulär aus, dass es wohl niemanden reizt, da reinzusehen.

    Ich gestehe: Die Morgenseiten lagen mir zunächst gar nicht

    Wenn Dir das mit den Morgenseiten nicht liegt oder Dich nur frustriert, dann lass es einfach bleiben.

    Ganz ehrlich, bei mir was es zunächst nicht anders!

    Ich habe das Buch „Der Weg des Künstlers“ im Jahr 2000 gekauft und mich an den Morgenseiten versucht. Und es ging für mich erstmal gar nicht, ich hatte keinen Zugang und habe es dann gelassen.

    Viele Jahre später fiel mir beim Aufräumen das Buch wieder in die Hände. Ich wollte es eigentlich wegtun und fing an, darin zu blätern …

    So bekamen die Morgenseiten 2012 eine 2. Chance.

    Vielmehr hatte ich eine 2. Chance, dieses Schreibritual für mich zu entdecken. Und ich hätte damals nicht gedacht, dass sie für mich zu einer so wertvollen Morgenroutine werden.

    Für wen eignen sich die Morgenseiten?

    Das Buch „Der Weg des Künstlers“ ist untertitelt mit „Ein spiritueller Pfad zur Aktivierung unserer Kreativität“. Man könnte also, sagen, es im Prinzip für jeden. Denn wir sind alle kreative Wesen. Und wie weit wir nun die Morgenseiten als spirituell oder handfest bezeichnen, bleibt ja jedem selber überlassen.

    Die Morgenseiten werden von Künstlerinnen und Künstlern aus den verschiedenen Kreativbereichen geschrieben. Aber auch Menschen, sie sich mit Selbstmanagement oder Persönlichkeitsentwicklung befassen, nutzen das Prinzip. Und mittlerweile haben auch Menschen im Management die Morgenseiten entdeckt, um mehr Klarheit zu bekommen.

    Sagen wir so: Die Morgenseiten eignen sich für Dich, wenn Du es möchtest.

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